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Verglaste Datensätze – ein variables Gebäudetraktat

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16-Channel Video Installation

01.06. – 23.07.2022
Galerie b – Stadtbibliothek Stuttgart

Konzept – Vera Sebert
Dramaturgie – Christiane Böhm
Soundbearbeitung – Elisabeth Pfeiffer
Projektmanagement – Svenja Kriegel

PDF: Statement von Johannes Auer


„Verglaste Datensätze - ein variables Gebäudetraktat“ ist eine ortsspezifische Videoinstallation, die die Stadtbibliothek als ein Gefüge aus Architektur, Technologie und menschlichen Interaktionen vor Ort mit sprachlichen Mitteln auslotet und erweitert.

Im Erdgeschoss der Stadtbibliothek befindet sich die Galerie b, die in einem Rundgang um den quadratischen Innenhof der Bibliothek herum führt. In der Galerie sind 16 Bildschirme installiert – jeweils vier an jeder Außenseite des Innenhofs. Jedem der Schirme wurde ein mit den Räumen der Bibliothek assoziierter Überbegriff zugeordnet und dazu je eine Abfolge poetischer Ausdrücke erarbeitet, welche Materialität, Funktion, algorithmische Strukturen und Raumstrukturen der Umgebung beschreibend aufgreifen und collagieren. In 16 Videosequenzen, die im Loop wiedergegeben werden, scheinen die animierten Texte nacheinander auf, wobei die Animation gezielt den Anschein eines algorithmisch erzeugten Inhalts hervorruft. Dieser Eindruck wird auch auf auditiver Ebene getragen. Eingesprochen von einer künstlich technoiden Stimme, deren Ursprung sich nicht mehr als eindeutig menschlich oder maschinell ausmachen lässt, erklingen die Texte in versetzter Abfolge parallel zu den Animationen, sodass das Gehörte nie dem Gesehenen entspricht. Das utopische Versprechen der Autonomie maschineller Schreibwerkzeuge, befragt Rezipierende nach eigenen Anteilen an einer Autorschaft, die zwischen menschlich und maschinell oszilliert.

Trotz vorhandener Sitzgelegenheiten lädt der Rundgang der Galerie b weniger zum verweilen und chronologischen Betrachten einzelner Videos vom Anfang bis zum Ende ein, als viel mehr zu einem „fragmentierenden“ Schauen, das Rezipierenden im Ablaufen der Gänge, die Möglichkeit bietet, die wahrgenommen Ausschnitte eigenständig zu einem Narrativ aneinander zu reihen. Durch den stetigen Wechsel der sicht- und hörbaren literarischen Fragmente an den einzelnen Videostationen ergeben sich variable Raumbeschreibungen. Architektur, digitale Werkzeuge und die Bewegung einzelner Besucher im Raum schreiben sich auf diese Weise in einen Text ein, der immer nur als stark variierender flüchtiger Pfad im Raum ausgelesen werden kann. Das fluide Wegenetz aus Einzelperspektiven überwuchert die Illusion einer Einheit des Gebäudes sowie des darin enthaltenen Wissens. Die Installation lädt zu sprachlichen Spielereien ein und eröffnet einen Reflexionsraum über Konzeptionen öffentlicher Wissensproduktion und -vermittlung im Kontext von digitalen Medien und Architektur als einer Art Hardware, die uns in unserer Wahrnehmung stets fragmentarisch umschließt und sich in unseren Köpfen zu individuellen Einzelgebilden zusammenfügt.